Fachbereich 7

Sprach- und Literaturwissenschaft


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Lehrende

Die Dreyfus-Affäre: Am Nullpunkt der Dritten Republik


DozentIn: Dr. phil. Annette Clamor, M.A.

Veranstaltungstyp: Seminar

Ort: nicht angegeben

Zeiten: Mo. 10:15 - 11:45 (wöchentlich)

Beschreibung: Im Mittelpunkt des Seminars steht der Justizskandal um die in jeder Hinsicht rechtswidrige Verurteilung des jüdischen Offiziers Alfred Dreyfus wegen vermeintlichen Landesverrats. Die Begleitumstände dieses Schuldspruchs, die manipulierten Beweise, der allzu enge Schulterschluss hoher Amts- und Würdenträger aus Politik, Justiz und Militär sowie der immer aggressiver zu Tage tretende Antisemitismus brachten die französische Gesellschaft an den Rand eines Bürgerkriegs: Frankreich, ohnehin ideologisch tief gespalten, drohte in Grabenkämpfen zu versinken. Die Lager der „deux France“ standen sich dabei im Kampf für oder gegen Dreyfus (zugleich im Kampf um die künftige nationale Ausrichtung) ebenso feindselig wie unversöhnlich gegenüber: auf der einen Seite die „antidreyfusards“ mit ihrer Forderung nach einer Rückkehr zum Katholizismus als Staatsreligion und der Wiedereinführung der Monarchie, auf der anderen Seite die Verfechter der Republik und eines liberalen Laizismus.
Insofern ist der Seminartitel „Am Nullpunkt der Dritten Republik“ durchaus mehrdeutig gemeint: zum einen als „Tiefpunkt“ angesichts des Endes von Rechtsstaatlichkeit und Debattenkultur, zum anderen als Wendepunkt und Neubeginn. Nicht wenigen gilt die „affaire Dreyfus“ daher auch als „Gründungsmythos des republikanischen Frankreich“ oder, im Hinblick auf Émile Zolas epochale ‚Anklageschrift‘ „J’accuse“ (1898), als „Geburtsstunde des politisch engagierten Intellektuellen“.

Im Seminar interessiert uns neben den konkreten politischen und sozialen Auswirkungen vor allem die mediale Resonanz dieser Affäre: die Schriften und Pressekampagnen der Vertreter beider Lager, die gegenseitigen Diffamierungen und bewusst lancierten Fake news avant la lettre¸ die überwiegend antisemitischen Karikaturen, aber auch die ästhetische Aufarbeitung in Literatur und Film (wie z.B. in Roman Polanskis „J’accuse“ von 2019).


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